Chefarzt muss bei Wahlleistungsvereinbarung selbst operieren
Mit Urteil vom 19.07.2016, Az. VI ZR 75/15, hat der VI. Senat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass ein Patient – unabhängig davon, ob die Behandlung lege artis erfolgte – einen Schadensersatzanspruch haben kann, wenn er von einem anderen als dem vereinbarten Wahlarzt operiert worden ist.
Wer im Krankenhaus eine Behandlung durch den Chefarzt vereinbart hat, hat auch Anspruch darauf, dass sie vom Chefarzt durchgeführt wird und darf nicht einfach von einem anderen Arzt operiert werden.
Im konkreten Fall hatte sich ein Patient im August 2011 wegen eines Morbus Dupuytren an der linken Hand zur Handoperation in einem Klinikum vorgestellt und war von dem dortigen Chefarzt untersucht worden.
Im September 2011 schloss der Patient dann mit der Klinik eine Wahlleistungsvereinbarung ab, in der Chefarztbehandlung vereinbart war. Tatsächlich wurde die Operation jedoch von dem stellvertretenden Oberarzt durchgeführt. In die Operation durch den Oberarzt hatte der Patient nicht eingewilligt.
Postoperativ stellten sich erhebliche Beeinträchtigungen an der operierten Hand ein. Der Patient klagte auf Schadenersatz, scheiterte jedoch in den Vorinstanzen, da ein Sachverständiger feststellte, dass die Operation an sich fehlerfrei war und es nach Ansicht des Gerichts auch bei einer Behandlung durch den Chefarzt zu keinem anderen Ergebnis gekommen wäre.
Dieser Argumentation hat der Bundesgerichtshof widersprochen und festgestellt, dass die Behandlung durch den Oberarzt nicht von der Wahlleistungsvereinbarung gedeckt war.
Das führe dazu, dass sich die Einwilligung des Patienten nicht auf die Operation durch den Oberarzt bezog. Die fehlende Einwilligung habe die Rechtswidrigkeit des Eingriffes zur Folge. Der Einwand der Klinik, der Patient wäre auch mit der Operation durch den Oberarzt einverstanden gewesen, sei wegen der Entscheidungsfreiheit des Patienten in seine körperliche Integrität unbeachtlich. Eine andere Bewertung würde nach den Ausführungen des VI. Senats dem Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses bei ärztlichen Eingriffen widersprechen. Klinik oder Ärzte dürften sich nicht über das Selbstbestimmungsrecht des Patienten und sein Recht auf körperliche Integrität hinwegsetzen.