Rechtsanwalt muss Mandanten über Rechtsmittel aufklären
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 18.07.2017 – Az. VI ZR 52/16 – dargelegt, dass der Anwalt bzw. der Prozessbevollmächtigte seine Mandanten darüber aufklären muss, welche Voraussetzungen für Rechtsmittel gesetzlich vorgeschrieben sind. Den Antrag auf Nichtzulassung der Revision und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der BGH mit seiner Entscheidung abgelehnt.
Was war passiert?
Im Kern ging es im vorliegenden Prozess um die Forderung einer Geldentschädigung. Während das Landgericht Lüneburg die Klage in einem ersten Prozess abwies, billigte das OLG Celle den Klägern in der Berufung 3.000 Euro Entschädigung zu. Dagegen wollten die Kläger jedoch vorgehen und baten den Rechtsanwalt um Infiormationen zum Verfahren und den Besonderheiten.
Der Rechtsanwalt der Kläger bat daraufhin eine seiner Büroangestellten die Kläger darüber schriftlich zu informieren wie sie gegen das Urteil des OLG Celle weiter vorgehen können. Da das OLG Celle keine Revision vor dem nächsthöheren Gericht, dem Bundesgerichtshof, zugelassen hatte, wäre gegen die sog. Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen gewesen.
Nichtzulassungsbeschwerde nur durch bestimmte Anwälte beim BGH möglich
Die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH beträgt einen Monat (§ 544 ZPO). Hier kommt allerdings eine Besonderheit der Zivilverfahren vor dem BGH zum Tragen. Vor dem BGH dürfen in Zivilsachen lediglich nur wenige Rechtsanwälte überhaupt Prozesshandlungen durchführen. Die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) regelt in den §§ 164ff., dass lediglich solche Rechtsanwälte am BGH in Zivilverfahren zugelassen werden können, die min. 35 Jahre alt sind und 5 Jahre als Anwälte arbeiten. Ein Wahlausschuss aus den bereits zugelassenen Anwälten wählt dann geeignete Kandidaten in diesen „erlesenen“ Kreis. So sind nur etwa 40 Anwälte überhaupt zugelassen.
Die Liste der Anwälte und den Zeitraum der Beschwerdefrist lies der Anwalt über seine Büroangestellte den Mandanten mitteilten. Die Büroangestellte teilte den Mandaten aber fälschlicherweise eine zweimonatige Frist mit, anstatt einer einmonatigen. Erst nach dem Ablauf der eigentlichen einmonatigen Frist beauftragten die Kläger einen vor dem BGH zugelassenen Anwalt.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur bei unverschuldeten Versehen
Somit kam es wie kommen musste und der Antrag war verspätet eingereicht – Juristen sprechen hier auch von verfristet – und somit unzulässig. Das Prozessrecht hält aber für unverschuldete Versehen solcher Art einen Rechtsbehelf parat – die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 234ff. ZPO). Damit können z.B. Rechtsmittelanträge, die eigentlich zu spät eingereicht wurden, trotzdem noch Berücksichtigung finden, wenn ein unverschuldetes Versehen der Verfristung zu Grunde liegt. Der Anwalt berief sich darauf, dass er seiner Angestellten, die solche Briefe schon öfter verfasste, eine klare Einzelanweisung gab und daher habe er das Büroversehen nicht zu vertreten. Er habe auch fristwahrende Tätigkeiten an seine Mitarbeiter delegieren dürfen.
Der BGH wies allerdings den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab, da der Antragsteller nicht dargelegt habe, dass es sich um ein unverschuldetes Büroversehen handelte. Zwar dürfte ein Anwalt auch die Unterrichtung über Rechtsmittelfristen und –Möglichkeiten seinem gut ausgebildeten Büropersonal überlassen, dann muss dieses jedoch mit genauen und unmissverständlichen Anweisungen versehen.
Diese genaue und unmissverständliche Anweisung seiner Mitarbeiter konnte der Kläger aus Sicht des BGH nicht darlegen. Zwar wies der Anwalt nach eigenen Angaben seine Mitarbeiter an ein Schreiben zu erstellen, dass „die Frist zur Zulassungsbeschwerde und deren Begründung“ mitteilen sollte, aber darin sah der BGH kein unverschuldetes Büroversehen, sondern einen Umsetzungsfehler, da sich aus der Anweisung nicht die Mitteilung des konkreten Datums ergebe.